Heißwasserinfiltrationsverfahren zur Eichenprozessionsspinnerbekämpfung

Bevor wir uns ausführlicher mit dem Heißwasserinfiltrationsverfahren zur Eichenprozessionsspinnerentfernung beschäftigen, holen wir etwas weiter aus und schauen uns die Hintergründe genauer an.

Vor welchem Problem stehen wir?

Die Eiche ist schon seit langer Zeit eine der wichtigsten Laubbaumarten überhaupt. Dementsprechend hat sie auch in Deutschland einen hohen Stellenwert, nicht zuletzt, da die eindrucksvollen Bäume auch aufgrund Ihres Holzes sehr beliebt sind. Doch ihr Standort im Wald, wo sie zur Holzgewinnung genutzt werden kann, soll hier nicht das Thema sein. Viel mehr interessiert uns ihre Verwendung als Alleebaum an Straßenrändern und Radwegen, im Hausgarten und zur Zierde in der Nähe von Kindergärten, Gaststätten und Spielplätzen.
Doch was diese imposante Baumart gerne mit sich bringt ist der Eichenporzessionsspinner (Thaumetopoea processionea L.).
Die meisten von euch werden schon von ihm gehört haben, andere haben ihn bestimmt schon hautnah erlebt.
Die unscheinbaren Raupen entwickeln sich später einmal zu einem Falter, doch bevor sie das tun bescheren sie uns allerhand Probleme.
Auch wenn die Fraßschäden, die durch die sich von den Blättern der Eichen ernährenden Raupen entstehen nicht zu missachten sind, so ist für die allgemeine Bevölkerung die allergene Wirkung der Brennhaare der Raupen von wesentlich größerer Bedeutung. Allergische Reaktionen können das ganze Jahr über entstehen und stellen eine akute gesundheitliche Bedrohung dar. Ab dem dritten Larvenstadium weisen die Raupen feine Brennhaare auf, die durch den Wind weit getragen werden können. Da auch die alten Larvenhäute nach der Häutung in den Nestern verbleiben, sind in den Nestern hohe Konzentrationen an Brennhaaren zu finden, selbst wenn die Raupen schon weitergezogen sind. Während der Fraszeit der Raupen im Mai und Juni ist die akute Gefahr am größten, doch alte Gespinstnester des Eichenprozessionsspinners und umherfliegende oder im Laub angesammelte Brennhaare stellen durch die mehrere Jahre toxische Wirkung dieser eine anhaltende Gefahrenquelle dar. Die Brennhaare, welche Widerhaken haben, mit denen sie sich auch an Kleidung, Schuhen und im Fell von Tieren haften, lösen bei Berührung stets neue allergische Reaktionen aus. Die Substanz, die die allergischen Reaktionen auslöst ist das Eiweiß Thaumetopoein. Die Brennhaare reizen mechanisch und das freigesetzte giftige Protein wirkt biochemisch. Besonders gefährdet sind dünne Hautpartien und Schleimhäute, aber auch an allen anderen Stellen lösen die Brennhaare unangenehmen Ausschlag aus, der nicht nur mit Entzündungen der Hautpartien und starkem Juckreiz, sondern auch mit Atemnot, Schwindel, Fieber und Müdigkeit einhergehen kann. Das tückische ist auch, dass die allergischen Reaktionen mit jedem neuen Kontakt mit dem Brennhaaren schlimmer ausfallen kann.

Die Ausbreitung der Eichenprozessionsspinner steigt seit 1995 immer weiter an, in warmen und trockenen Jahren und Gebieten kommt es zu Massenvermehrungen. Da wir uns nur schwer vor den Brennhaaren schützen können, stellt das Vorkommen des Eichenprozessionsspinners an Eichen in Hausgärten, an öffentlichen Plätzen, auf Parkplätzen, an Waldrändern usw. bei Kontakt mit den Brennhaaren eine ernstzunehmende gesundheitliche Belastung dar. Immerhin kann eine einzelne Raupe bis zu 600.000 Brennhaare aufweisen, welche sich bei günstiger Witterung durch Luftsröme mehrere Kilometer weit verbreiten können und sich auch am Boden anreichern. Man kann also auch in Kontakt mit den Brennhaaren kommen, wenn man gar keine Eichenprozessionsspinner aus der Nähe gesehen hat. Daher sollten dort, wo Menschen durch die Gifthaare gefährdet sind, regelmäßige Kontrollen der Baumbestände durchgeführt werden und bei einem entdeckten Befall dort eine umgehende Bekämpfung der Eichenprozessionsspinner erfolgen wo eine Absperrung des Gebietes für längere Zeit nicht durchführbar ist.
Die Entfernung des Eichenprozessionsspinners oder seiner Nester sollte aber aufgrund der oben genannten Risiken niemals selbst durchgeführt werden, sondern immer Fachleuten überlassen werden.

Was kann nun gegen den Eichenprozessionsspinner unternommen werden?

Es gibt drei herkömmliche, häufig angewendete Verfahren.

Die Bekämpfung oder auch Vorbeugung mittels Insektiziden/Bioziden:

Der Einsatz von Insektiziden ist nur dann effizient, wenn dieser vor dem 3. Larvenstadium erfolgt, da bei einem Einsatz von chemischen Mitteln bei älteren Raupen die toxische Wirkung der Brennhaare bestehen bleibt.
Bei der Anwendung dieser Mittel sind immer auch andere Insekten, darunter teils natürliche Gegenspieler des Eichenprozessionsspinners betroffen. Insbesondere Eichen sind sehr artenreiche Lebensräume, so dass die Anwendung von Bioziden oder Insektiziden weitreichende Folgen für mitunter auch geschützte Arten haben kann. Auch für Gewässer stellen Insektizide ein Risiko dar. Alle in Frage kommenden Mittel sind zudem in unterschiedlichem Maße giftig für den Menschen, reizend oder wirken allergen.
Insektizide oder Biozide stellen also immer einen gefährlichen Eingriff in das Ökosystem dar, so dass der Einsatz sorgfältig abgewogen werden muss.
Auch wenn die Vorbeugung nur duch chemische Mittel möglich ist, so sind andere mögliche Maßnahmen gegen den Eichenprozessionsspinner eine effektive Möglichkeit der Bekämpfung und der Anwendung von chemischen Mitteln stets vorzuziehen.

Das Absammeln und Abflammen der Raupen und Gespinstnester:

Das Absammeln der Nester ist eine gute Alternative zu der Anwendung chemischer Mittel. Jedoch birgt diese Variante einerseits eine erhöhte Gefahr für den Anwender, da sein Kontakt zu den Nestern sehr direkt ist, auch wenn er natürlich stets unter höchsten Sicherheitsvorkehrungen arbeitet. Andererseits können hier natürlich auch trotz aller Vorsicht Brennhaare davonfliegen, eine rückstandslose Beseitigung ist demnach nicht möglich. Alle noch im Baum befindlichen Reste werden aber durch das kontrollierte Abflammen der Bereiche, in denen die Gespinste waren, unschädlich gemacht. Durch die Hitze denaturiert das Eiweiß und verliert so seine allergene Wirkung.
Da aber die eingesammelten Raupen und Brennhaare zu keinem Zeitpunkt ihre toxische Wirkung verlieren, sind die abgesammelten Nester aufwändig als Sondermüll zu entsorgen. Sind die Gespinste nicht im unteren Stammbereich in erreichbarer Höhe müssen Baumkletterer und/oder Hubarbeitsbühnen zum Einsatz kommen. Das Verfahren ist also ziemlich aufwändig und kann bei starkem Befall schnell kostenintensiv werden, da jedes Nest einzeln abgesammelt werden muss.

Das Absaugen der Raupen und Nester:

Eine weitere Alternative stellt das Absaugen der Gespinstnester dar. Hier kann ebenfalls effektiv gearbeitet werden. Beim Absaugen der Gespinste werden auch die umliegenden Brennhaare mit eingesaugt, dennoch können auch hier trotz größter Vorsicht mal ein paar Haare wegfliegen. Die entfernten Nester und Raupen müssen auch hier wieder als Sondermüll entsorgt werden, da sie stets toxisch bleiben. Auch das Risiko für den Anwender ist mit dem Risiko beim Absammeln gleichauf, da er ebenso nah am Eichenprozessionsspinner arbeitet.
Schwerer befallene Bäume können in kürzerer Zeit als beim Absammeln behandelt werden, jedoch sind weit oben im Baum befindliche Nester schwer zu erreichen. Hier müssen dann Hubarbeitsbühnen und spezielle Sauger Anwendung finden, die Behandlung einzelner Bäume kann so schnell kostenintensiv werden.

Dazu kommt das sogenannte Heißwasserinfiltrationsverfahren, welches wir hier genauer anschauen wollen.

Wie funktioniert das Heißwasserinfiltrationsverfahren?

Das Heißwasserinfiltrationsverfahren ist ein hydrothermisches Verfahren, bei dem die Gespinste unter geringem Druck mit heißem Wasser durchspült werden, in einem zweiten Arbeitsgang werden die Nester dann mit höherem Druck vom Baum gespült. Dadurch werden die Raupen und Brennhaare abgekocht und die Proteininstrukturen des Thaumetopoein zersetzt und denaturiert, die allergene Substanz wird unschädlich gemacht. Unten angekommen geht von den Gespinsten und Raupen somit keine Gefahr mehr für die Gesundheit aus. Für den Einsatz geschulte Fachleute können so unter Verwendung von Heißwasserhochdruckreinigern mit speziellen Teleskoplanzen und Wassertanks im mobilen Einsatz höchst effizient und überaus schonend für Mensch, Tier, Umwelt und den Baum selbst Eichenprozessionsspinner bekämpfen.

Vorteile des Verfahrens

Gegenüber herkömmlichen Methoden sind die Brennhaare für Mensch und Tier durch die Anwendung des Heißwasserinfiltrationsverfahrens nicht mehr toxisch. Diese und die Gespinste müssen somit nicht mehr aufwändig als Sondermüll entsorgt werden, sondern werden eigentlich zu Biomüll. Die Insekten fügen sich nach Ihrer Beseitigung also eigentlich wieder in den Kreilsauf unseres empfindlichen Ökosystems ein.
Auch Häutungsreste und umliegende Brennhaare werden zuverlässig verbrüht und rückstandslos nach unten gespült, wo die nun ungefährlichen Gespinste und Reste nur noch eingesammelt werden müssen.
Durch das Arbeiten mit einer Teleskoplanze kann mit mehr Abstand und somit auch mehr Sicherheit gearbeitet werden. Zudem ist bis zu einer Höhe von ca. 8 m keine Hubarbeitsbühne oder Baumklettern notwendig.
Das Verfahren kann prinzipiell auch in Kombination mit einem Schaum in Stadien vor dem Nestbau eingesetzt werden. Hier werden die Raupen durch den Heißwasserschaum gebunden und können so trotzdem effizient entfernt werden, auch wenn sie noch nicht so räumlich begrenzt auftreten wie in ihrem Gespinstnest.
Auch schwer befallene Bäume können verhältnismäßig schnell behandelt werden, da dieses Verfahren nicht so zeitintensiv ist wie das Absammeln oder Absaugen.
Die Heißwasserinfiltration steigert so insgesamt die Effizienz und senkt Kosten.
Auch ist das Verfahren schonend für die Baumsubstanz und die Umwelt.

Und das alles noch ganz ohne Chemie!

Literatur

Weblinks

https://www.lwf.bayern.de/waldschutz/monitoring/066204/
https://www.aerzteblatt.de/archiv/188450/Eichenprozessionsspinner-Allergie-Raupen-mit-reizenden-Brennhaaren
https://www.nabu.de/imperia/md/content/nabude/wald/130506-nabu-hintergrundpapier-eichenprozessionsspinner-2.pdf

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